Die Interventionen der Positiven Psychologie wirken ähnlich wie ein Muskeltraining. Nur dass sie nicht die Muskeln, sondern unsere Verbindungsbahnen im Gehirn trainieren.
Die Neurowissenschaft steht heute auf dem Standpunkt, dass das menschliche Gehirn bis zum Tode dazulernen kann. Das bedeutet, dass es in der Lage ist, immer neue Verschaltungen herzustellen und auszubauen.
Wir gehen heute davon aus, dass sich Verschaltungen im Gehirn dadurch herausbilden, dass wir bestimmte Dinge tun, denken, fühlen. Denken wir also oft, „das Glas ist leider schon halb leer, wird diese Verschaltung im Gehirn immer stärker, sodass wir diesen Gedanken immer leichter, immer öfter denken. Wenn wir also beschließen, dass wir diese Sichtweise verändern wollen, weil es uns besser damit geht, uns über das halbleere Glas zu freuen, kann Training helfen. Je öfter wir also (sprichwörtlich gedacht) trainieren, das halbvolle Glas zu sehen, desto stärker wird die Verknüpfung im Gehirn, die für diesen Gedanken zuständig ist. Ist diese Verbindungsbahn durch Training stark genug geworden, ist sie so verfestigt, dass die Wahrnehmung des vollen Glases die Wahrnehmung des leeren Glases überlagern kann.
Durch diesen Prozess setzt sich eine Aufwärtsspirale in Gang. Sehe ich vermehrt die Dinge in meinem Leben, die gut sind, die funktionieren, die ich gut kann, die glücken, habe ich dadurch mehr positive Gefühle. Ich bin besser gelaunt und reagiere daher freundlicher auf andere Menschen. Ich bin offener und nehme die Gelegenheiten, die sich mir jeden Tag bieten, eher wahr. Dies führt wiederum dazu, dass mir andere Menschen positiver begegnen und dass ich günstige Gelegenheiten eher ergreife. Dies verursacht wiederum weitere positive Gefühle. Gerüstet mit dieser guten Basis erlebe ich mich als handlungsfähiger und stärker und werde auch mutiger, einmal neue Dinge auszuprobieren und so weiter. Es entsteht eine Aufwärtsspirale, die uns ein Aufblühen ermöglicht.
Im gleichen Zuge erhöht sich meine psychische Widerstandskraft. Das Trainieren meines „Glücksmuskels“ bewirkt ein Aufbau meiner Resilienz. Die vermehrten positiven Emotionen in meinem Alltag bilden ein Reservoir, aus dem ich bei Belastungen schöpfen kann anstatt vorschnell erschöpft zu sein.
Literaturhinweis: Barbara Fredrickson: Die Macht der guten Gefühle. Wie eine positive Haltung ihr Leben dauerhaft verändert. 2011